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Primula veris - Echte Schlüsselblume

 

Heute einmal ein Pflanzenportrait der besonderen Art, nämlich mit einem ganz persönlichen Vorwort. 

Geht man einmal in sich, macht sich Gedanken und stellt sich Fragen wie: "Wovon lassen wir uns leiten, was hat uns beeinflusst in unserem Tun und Handeln, was hat bleibende Eindrücke hinterlassen, die gar geprägt haben könnten, manchmal ohne es auf Anhieb zu begreifen?" Vor solchem Hintergrund kann es passieren, dass man beim Fotos betrachten auf ein Blümchen stößt, welches alte Erinnerungen weckt, so geschehen beim Schreiber dieser Zeilen:  

Vor ganz langer Zeit fragte ein kleiner Bube: "Papa, was blüht denn da?" "Das ist eine Schlüsselblume", erklärte der Vater. Es war das erste Mal, dass dem kleinen Kerlchen von drei Jahren oder so, diese leuchtenden, gelben Blüten auf einer der Touren durch Wald und Wiesen aufgefallen waren. Vater erklärte es, so wie er vieles erklärt hat, in Wald und Flur.

In dieser Zeit sah der Kleine auch, was im großen Garten der Großmutter, den die Eltern bewirtschafteten, alles geschafft, gepflanzt und geerntet wurde, wie es damals üblich war, in den Nachkriegsjahren, noch vor Beginn des deutschen "Wirtschaftswunders". Und so kam es, dass der kleine Junge in dem, in seinen Augen, riesigen Garten ein eigenes kleines Gärtlein anlegen durfte. Mit einem Häuschen mitten drinnen, direkt unter dem Mirabellenbaum. Das Häuschen war aus allem Möglichen und Unmöglichen zusammen gebastelt und selbst Kinder konnten es nur gebückt betreten. Aber das Wichtigste war eben dieses kleine Gärtlein drumherum, in dem der Kleine selbst säen und pflanzen durfte. Sich freuen an dem, was aus einem Samenkorn wachsen konnte, was aus einem kleinen Ableger, oder was aus einem Zweig, der im Wasserglas Wurzeln gezogen hatte. Der Kleine musste damals nicht einmal in den Kindergarten. Es war in dieser Zeit noch nicht allgemein üblich, heißt, man konnte sich davor drücken. Und der kleine Junge drückte sich erfolgreich, weil es die Eltern erlaubten. Sein Kindergarten waren die Nachbarskinder, die Natur, der Wald, die Wiesen, der nahe Bach, die Vögel und all das andere Getier. Samt den Nutztieren, wie Hühner, Enten, Hasen und die Sau im Stall. Tiere, die damals zur Selbstversorgung von fast jedem gehalten wurden, der den Platz dazu hatte.   


Aber zurück zu den Schlüsselblumen. Der kleine Junge wusste genau die Stellen, an denen sie wuchsen im Wald. Er holte sich einige davon heim und pflanzte sie in sein Gärtlein. Sie wuchsen und vermehrten sich, zusammen mit etlichem Anderen, aus dem elterlichen Garten oder aus Wald und Wiesen.

Einige Jahre später durften einige Schlüsselblumen mit umziehen, nach "Schachtelhausen", wie es damals jemand sehr treffend formulierte. Dort wurde die Art erhalten, in einem Mini-Garten hinterm Reihenhaus, in diesem kargen Vorort am Stadtrand. Vor den Toren dieses stinkenden, riesigen Ungetümes, das sich Chemiefabrik nannte. Der kleine Junge, inzwischen ein paar Jahre älter geworden, glaubte, jetzt geht die Welt unter. Aber die Welt ging nicht unter, nur die Natur in der Umgebung, die wurde immer vermisst. 

So auch später noch, als junger Mann, nach dem Umzug in das eigene kleine Haus mit Garten, im gleichen Ort, an den wieder ein paar Schlüsselblumen mit umgezogen waren. Hier wuchsen sie über mehrere Jahrzehnte, in dem neuen, kleinen Gärtchen.   


Bis dann endlich ein immer währender Traum mit Leben gefüllt werden konnte - oder musste? Wie auch immer, jedenfalls wollte es das Schicksal, dass sich ein Kreis schließen sollte. Der kleine Junge, inzwischen ein junger Alter - oder alter Junger - er lebt jetzt wieder fast so, wie zu Anfang, in unmittelbarer Natur. Und wieder sind ein paar Schlüsselblumen mit umgezogen, in den jetzt gar nicht mehr so kleinen Garten.  

Bei der Gelegenheit sei noch erwähnt, Schlüsselblumen fehlen hier im umliegenden Wald, der weitgehend aus Kiefern-Monokultur besteht und in den eintönigen,artenarmen Wiesen völlig. Gerne dürfen sie sich nun vom Garten aus den Weg nach draußen suchen. https://zurueckzurnatur2010.jimdo.com/ 

 

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Pflanzenportrait in Kurzform

Die Echte Schlüsselblume ist eine heimische Wild- und Heilpflanze, verbreitet in weiten Teilen Europas bis Vorderasien. Sie blüht im Frühling von März bis Mai. Der wissenschaftliche Name Primula (die erste) veris (Frühling) bedeutet in etwa „erste Blume im Frühling“. In den letzten Jahrzehnten sehr selten geworden, steht sie unter Naturschutz und darf nicht gesammelt werden. Anders im Garten, wo man sie anbauen und auch ernten kann. 

 
Viele weitere Informationen lassen sich im Internet finden, beispielsweise hier: https://heilkraeuter.de/lexikon/schluess.htm

 

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text und fotos © reinhold hauck
hortus summerland 

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Kommentare: 2
  • #1

    Li Ste (Montag, 15 April 2019 17:50)

    Wenn die 9-jährige Tochter auf der Wanderung zum Leuchtturm plötzlich begeistert juchzt "guck mal, eine Schlüsselblumenwiese mit Meerblick" - dann hat man alles richtig gemacht ��

  • #2

    Reinhold Hauck (Montag, 15 April 2019 17:50)

    Absolut :-)